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Elektrodynamik

Was ist Elektrodynamik?

Die Elektrodynamik ist die physikalische Theorie zur Erklärung aller elektrischen Phänomene (z. B. elektrische Kräfte, Ströme, Ladungen) und aller magnetischen Phänomene (z. B. Magnetfelder und magnetische Kräfte). Da der Anteil der elektrischen Phänomene überwiegt, spricht man kurz von Elektrodynamik, wobei das Wort "Dynamik" speziell herausstellt, dass auch die zeitliche Veränderung von elektrischen und magnetischen Kräften mit den Formeln dieser Theorie berechnet werden kann.
Inhaltsverzeichnis
Im Studium der Physik wird die Lehre des Elektromagnetismus als Elektrodynamik bezeichnet. Mit dem Wort "Dynamik" wird der Tatsache Rechnung getragen, dass es um die Beschreibung aller elektrischen und magnetischen Wechselwirkungen geht, wobei auch eine zeitliche Veränderung (Dynamik) der elektrischen und magnetischen Felder berücksichtigt wird. Bei dem Spezialfall von sich zeitlich nicht ändernden (statischen) elektrischen und magnetischen Feldern spricht man von Elektrostatik bzw. Magnetostatik.

Als Elektromagnetismus wird wiederum die Erscheinung der magnetischen und elektrischen Phänomene an sich bezeichnet.

Elektrodynamik bezeichnet dagegen die physikalische Theorie, welche zur Beschreibung des Elektromagnetismus herangezogen wird.

Maxwellgleichungen: Grundgleichungen der Elektrodynamik

Grundgleichungen der Elektrodynamik sind die Maxwellgleichungen. Die Maxwellgleichungen sollten jedem Physikstudenten bekannt sein. Sie beschreiben die Größe magnetischer und elektrischer Felder in Abhängigkeit von Strömen und Ladungen. Die zeitabhängigen Maxwellgleichungen berücksichtigen, dass zeitlich veränderliche elektrische Felder Ursache für magnetische Felder sind und dass mit zeitlich veränderlichen magnetischen Feldern elektrische Felder einhergehen. In den Maxwellgleichungen können auch materialspezifische Parameter berücksichtigt werden. Dadurch kann das Verhalten der elektrischen und magnetischen Felder in Materie berechnet werden.
Zunächst mag die Theorie der Elektrodynamik anmuten wie eine physikalische Theorie, die nur in speziellen, elektrotechnischen Problemen angewendet wird.

Es ist jedoch so, dass fast alle Erscheinungen unserer Welt auf elektrische und magnetische Kräfte zurückgehen und demnach durch Elektromagnetismus und durch die Elektrodynamik erklärt werden. Die grundsätzliche Stabilität der Materie, vom Aufbau des Wasserstoffatoms über Moleküle, Zellen, Organismen, bis hin zu den Kräften in unserer Biosphäre werden alle durch die elektromagnetischen Kräfte getrieben. Nur unterhalb der Größe von Atomen, im Atomkern, spielen die atomaren Kräfte eine Rolle und erst der Aufbau von Planeten und Sternen wird von Gravitationskräften beeinflusst. Alles andere ist Elektromagnetismus.

Ableiten der Wellengleichung aus den Maxwellgleichungen

Wie die Beschreibung der elektrodynamischen Phänomene mit Hilfe der Mathematik der Maxwellgleichungen funktioniert, soll beispielhaft für die Beschreibung elektromagnetischer Wellen herangezogen werden.

Üblicherweise werden die vier zeitabhängigen Maxwellgleichungen wie folgt geschrieben:

\(1) \nabla\cdot\vec{E} = \frac\rho\epsilon_0\)
\(2) \nabla{\times{\vec{E}}}+\dot{\vec{B}} = 0\)
\(3) \nabla\cdot\vec{B} = 0\)
\(4) \nabla{\times{\vec{B}}} =\mu_0\cdot\vec{j}+\frac1{c^2}\dot{\vec{E}}\)
Gleichung 1) sagt, dass Quellen des elektrischen Feldes E die Ladungen sind. Genau genommen wirkt eine Ladungsdichte ρ, die durch die Dielektrizitätskonstante des Vakuums ε0 dividiert werden muss, als Quelle des elektrischen Feldes (die Tatsache, dass man von den Quellen spricht, wird durch die sogenannte Divergenz des elektrischen Feldes, das ist der Ausdruck \(\nabla\cdot\vec{E}\), berücksichtigt).

Gleichung 2) sagt aus, dass zeitlich veränderliche magnetische Flussdichten \(\dot{\vec{B}}\) (Der Punkt über der magnetischen Flussdichte bezeichnet die zeitliche Änderung dieser Größe) Wirbel im elektrischen Feld verursachen (Wirbel eines elektrischen Feldes werden mit \(\nabla{\times{\vec{E}}}\) ausgedrückt).
Gleichung 3) sagt, dass es keine Quellen der magnetischen Flussdichte gibt und Gleichung 4) gibt an, dass Wirbel der magnetischen Flussdichte \(\nabla{\times{\vec{B}}}\) immer mit Stromdichten j und zeitlich veränderlichen elektrischen Feldern \(\dot{\vec{E}}\) einhergehen, die entsprechend der 4. Gleichung mit der magnetischen Permeabilität des Vakuums μ0 bzw. der Lichtgeschwindigkeit c skaliert werden müssen.

Man kann nun die 4. Gleichung zeitlich ableiten und dann die 2. Gleichung in die Zeitableitung der 4. Gleichung einsetzen:

\(\nabla{\times{\vec{B}}} =\mu_0\cdot\vec{j}+\frac1{c^2}\dot{\vec{E}}\)
\(\Rightarrow\nabla{\times{\dot{\vec{B}}}} =\mu_0\cdot\dot{\vec{j}}+\frac1{c^2}\ddot{\vec{E}}\) \(\Rightarrow{-{\nabla{\times{(\nabla{\times{\vec{E}}}})}}}=\mu_0\cdot\dot{\vec{j}}+\frac1{c^2}\ddot{\vec{E}}\)
Ohne weiter in die Mathematik einzusteigen, soll an dieser Stelle nur erwähnt werden, dass der letzte Ausdruck im Falle von verschwindenden Stromdichten und Ladungen j=0, ρ=0 in der Form

\({-{\nabla{\times{(\nabla{\times{\vec{E}}})}}}} =\frac1{c^2}\ddot{\vec{E}}\)
eine Gleichung darstellt, die durch Wellen gelöst wird. Eine Lösung ist beispielsweise möglich, wenn für das elektrische Feld ein mathematischer Ausdruck eingesetzt wird, der eine ebene Welle beschreibt. Beispielsweise einfach eine Sinus- oder Kosinusfunktion. Die obige Gleichung wird deshalb auch als Wellengleichung bezeichnet.

Man kann also aus den Maxwellgleichungen eine Wellengleichung ableiten. Die Physiker und Mathematiker folgerten aus diesen Rechnungen, dass es elektromagnetische Wellen geben muss, die sich im Vakuum ausbreiten. Dies ist theoretisch notwendig, wenn die Maxwellgleichungen richtig und vollständig sind und davon gehen wir bis heute aus.

Ein interessanter Erfolg der Elektrodynamik an dieser Stelle ist also der, dass nur aus der Umformung der Maxwellgleichungen die Existenz elektromagnetischer Wellen abgeleitet wurde, bevor diese überhaupt nachgewiesen wurden. Nimmt man nun eine erweiterte Form der Maxwellgleichungen in Materie und setzt man in diese Materiegleichungen bekannte Materialparameter ein, so kann berechnet werden, wie sich die elektromagnetischen Wellen im Kontakt zur Materie verhalten.

Da Radiowellen, Funk- und Fernsehwellen, Handystrahlung, Mikrowellen, Wärmestrahlung, Licht mit seinen verschiedenen Farben, UV-Strahlung, Röntgenstrahlung und Gammastrahlung durchwegs elektromagnetische Wellen sind, die sich nur durch die Wellenlänge der Strahlung voneinander unterscheiden, werden sehr viele Phänomene und Anwendungen verständlich und berechenbar, wenn man die Elektrodynamik heranzieht. Die Maxwellgleichungen haben sehr dazu beigetragen, viele der genannten Phänomene überhaupt als elektromagnetische Wellen zu identifizieren. Ohne die Elektrodynamik hätte es Funk und Fernsehen, Handys, Mikrowellen, Computer und vieles mehr nie gegeben.

Die Elektrodynamik behandelt jedoch nicht nur elektromagnetische Wellen. Mit Hilfe einer Vorstellung von der messbaren Beweglichkeit der Elektronen im Material beispielsweise sind Größen wie elektrische Leitfähigkeit, Farbe, Lichtbrechung, Glanz oder Wärmeleitfähigkeit zugänglich.
Die Elektrodynamik ist deshalb nicht nur bei der Entwicklung elektronischer Schaltkreise hilfreich, sondern auch bei der Konzeption von Oberflächenbeschichtungen, Brillengläsern und Materialien zur Wärmeisolation, um nur einige wenige Beispiele zu nennen.



Portrait von Dr. Franz-Josef Schmitt
Autor:
Dr. Franz-Josef Schmitt


Dr. Franz-Josef Schmitt ist Physiker und wissenschaftlicher Leiter des Fortgeschrittenenpraktikums Physik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Er war 2011–2019 an der Technischen Universität beschäftigt und leitete diverse Lehrprojekte und das Projektlabor Chemie. Sein Forschungsschwerpunkt ist zeitaufgelöste Fluoreszenzspektroskopie an biologisch aktiven Makromolekülen. Er ist ausserdem Geschäftsführer der Sensoik Technologies GmbH.

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